Start der australischen Dramaserie «The Newsreader»

Diese Frisuren! Diese Krawatten! Und dann erst die Tapeten! Braun- und Beigetöne, so weit das Auge reicht. Kein Wunder: Wir schreiben den 24. Januar 1986 und befinden uns auf der hektischen Nachrichtenredaktion der TV-Sendung «News at Six» im australischen Melbourne.

Es geht zu und her wie in einem Bienenstock. Hier rennt eine mit einem Stapel VHS-Bändern vorbei, dort schimpft einer wegen akutem Bandsalat, und überall wird eifrig und sehr laut telefoniert. Und dann – «drei, zwei, eins!» – sind sie auf Sendung: der alteingesessene Newsmoderator Geoff Walters (Robert Taylor) und die Diva Helen Norville (Anna Torv; «Mindhunter»).

Aalglatt und souverän wird hier durch die Sendung geführt – stets beobachtet vom hitzköpfigen Chefredaktor Lindsay Cunningham (William McInnes) und Reporter Dale Jennings (Sam Reid), der von einer erfolgreichen Karriere vor der Kamera träumt.

Es sind bewegte Zeiten für die Redaktion von «News at Six». Das Challenger-Unglück, der Halleysche Komet, die AIDS-Pandemie sowie das Atomunglück in Tschernobyl verlangen dem Team alles ab.

Es ist faszinierend zuzuschauen, wie vor 37 Jahren gearbeitet wurde: ohne Handy, ohne digitale Datenübertragung – nur mit Tonbändern, Festnetztelefonen und Satellitenschüsseln auf Autodächern.

Doch das Team von «News at Six» hat mit weiteren Widrigkeiten zu kämpfen: Erbitterte Machtkämpfe innerhalb der Redaktion, geheime Liebeleien und immer mal wieder sinkende Einschaltquoten halten den Stresspegel stetig hoch. Unfassbar auch, wie oft hier Angestellte entlassen werden – begleitet von wütendem Gebrüll. Um dann am nächsten Tag ihren Job vom reumütigen Chef zurückzubekommen.

Die australische Dramaserie «The Newsreader» aus dem Jahr 2021 nimmt einen von der ersten Minute an gefangen. Grund dafür ist nicht nur die perfekte 80er-Jahre-Optik, sondern vor allem die vielschichtigen Figuren. Allen voran die charismatische Helen: vor der Kamera perfekt gestylt und kontrolliert, abseits des Rampenlichts ein psychisches Wrack, das es ohne Alkohol und Pillen kaum aus dem Bett schafft.

Reporter Dale hat ebenfalls einiges mehr zu bieten als vermutet: Das brave, ehrgeizige Muttersöhnchen mit dem Dackelblick verbirgt ein dunkles Kapitel aus seiner Jugendzeit.

Auch andere Figuren, die anfangs klischiert wirken, überraschen mit präzis gezeichneten Profilen. Der prollige Sportreporter Rob Rickards (Stephen Peacocke) zeigt gegen Ende der Staffel etwa seine sanften Seiten. Und auch Noelene (Michelle Lim Davidson), Rechercheurin und Mädchen für alles, mausert sich im Laufe der sechs Folgen zur ambitionierten Sendungsproduzentin.

Das Herzstück dieser Dramaserie ist die Beziehung zwischen Helen und Dale. Die Moderatorin und der Reporter, die Lady und das Greenhorn, die Süchtige und der Übereifrige – nach aussen haben die beiden so gar nichts gemein. Doch mit jeder Sendeminute ergibt die Verbindung der beiden mehr Sinn.

Und wie in jeder guten Dramaserie durchlebt die Beziehung zwischen den Hauptfiguren auch hier Hochs und Tiefs – mit bittersüssen Konsequenzen.

Fazit: Die sechs «The Newsreader»-Folgen sind für Newsjunkies, Retrofans und Dramaliebhaber ein absolutes Muss. Bereits in diesem Jahr soll eine zweite Staffel fertig sein.